Es geht sowieso nichts über Venedig und schon gar nichts über Venedig bei Nacht. Wenn all die unfassbaren, irrwitzigen Menschenströme an Besuchern, die diesen geheimnisvollen Ort Tag für Tag durchfluten, von den Hotels und Kreuzfahrtschiffen endlich wieder aufgesogen wurden…
Wenn die einsamen Laternen wieder friedvoll ihre warmen Lichtinseln auf die menschenleeren Gehsteige werfen und die alten Mauern wieder atmen können. Wenn „La Serenissima“ sich langsam wieder erholt und tapfer rüstet für den nächsten, anstrengenden Tag. So viel Leben ist noch verborgen in dieser Stadt, die langsam, aber ohne Groll zerfällt, wie ein alter, heiterer Freund, der ohne es zu merken zusehends vergreist. Das Wasser steigt und droht sie schleichend zu ertränken, ihre alten Fassaden, die soviel gesehen und erlebt haben, werden müde…
Und so wandelt man in diesem so fremden wie vertrauten Märchen, als möchte man sich mit jedem Schritt, mit jedem Blick davon überzeugen, dass alles immer bleiben wird, wie man es kennt, genau so, wie es ist, in diesem Augenlick… und doch spürt man, dass all das Vertraute, im Fluss der Zeit treibend, nicht ewig währen wird, wie auch sonst in der Welt nichts jemals wirklich Bestand hatte.
Wenn man durch diesen nächtlichen Zauber geht, wenn Jahre zu Sekunden und Sekunden zur Ewigkeit werden, spürt man die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in nur einem Augenblick, die Freude und Melancholie, Einsamkeit, Geborgenheit und Dankbarkeit werden Eins… das Gewicht der Zeit, die an diesem Ort vergangen ist, behütete die Menschen, und man möchte sich an diesen alten, vertrauten Mauern festhalten… vielleicht, um so scheinbar unvergänglich zu werden wie sie, vielleicht, um gemeinsam länger gegen das Unvermeidliche ankämpfen zu können… oder vielleicht, um wenigstens in einer innigen, verständnisvollen Umarmung mit ihnen unterzugehen.
📷 Canon EOS 5D Mk I
⚫️ Canon EF 24-105 f/4 L IS USM
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